Konditioniert: Nicht-Ćevapčići weißen Bohnen und Anna-Kartoffeln

Samstag, 3. März 2018


Klar, bin ich wie alle anderen Menschen konditioniert von der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin. Manche Dinge - etwa Gebrauchsgegenstände - funktionieren seit Kindheit gleich. Da habe ich mich daran gewöhnt, darüber denke ich nicht mehr weiter nach. Und es beruhigt ja auch ungemein: man weiß, woher der Ball üblicherweise geflogen kommt. Doch das alleine ist es nicht. Bei mir.

Zum ersten Mal fiel mir das auf, das ich anders bin, als mich eine Freundin mit ins Aerobic schleppte. Übrigens finde ich bis heute so eine Jane-Fonda-Kombi mit Leggins und Stulpen très schick (OHNE Badeanzug selbstredend). Und - gleichfalls übrigens - habe ich seither einen Faible für Ladas: das coolste Auto ever, der perfekte Frauen-Jeep. Und wenn die Russen es je schaffen, den Benzinverbrauch dieses Autos drastisch zu drosseln, dann steht irgendwann einer vor meiner Tür. Jawohl! Infiziert habe ich mich mit dem Lada-Gen durch meine grandiose Aerobic-Lehrerin, die mit einem solchen vor das Fitness-Studio gebraust kam. Sie war etwa in meinem Alter (mitteljung) und die personifizierte Körperspannung. Fit wie ein Turnschuh (hieß das damals). Mit hüpfenden Schritten wie auf kleinen Sprungfedern hüpfte sie in den Saal und verstrahlte eine Aura von *ENERTSCHIIIE!!!!* Ganz ehrlich, Aerobic und ich, das ergibt nicht wirklich ein Pärchen, aber sie verstand es, mich zu begeistern. Selbst wenn sich leider recht schnell herausstellt, dass ich spezielle Föderung brauchen würde.

Alles lief so lange spitze im Aerobic-Unterricht, wie die Choreographie auf eine Seite - üblicherweise mit rechts beginnend - aufgebaut wurde. Eigentlich exakt bis zu dem Augenblick, in dem Frau Federschritt ihre linke Hand ausstreckte, nach links deutet und mit Enthusiasmus rief: *Und jetzt alles nach links*. Genau das war der Moment, in dem bei mir im Kopf ein Knopf gedrückt wurde, wodurch mein System auf *herrunterfahren* schaltete. Geistige Nulllinie - samt dem passenden Ton eines EKGs, das keine Herzfrequenz mehr anzeigt. In meinem Fall keine Gehirnaktivität. Nichts geht mehr. Schlimm. Ich habe eine Rechts-Links-Schwäche.

Eine, die jetzt nicht MEGA ausgeprägt ist, aber doch so, dass sie mich stört. Komm, schreibe ich es, wie es ist: behindert. Die letzten Wochen massiv beim Überqueren der Strasse. In Thailand herrscht Linksverkehr. Ihr AHNT gar nicht, wie oft ich beinahe überfahren worden wäre. Die spinnen doch! Verkehrte Welt! Augen auf im Strassenverkehr - nur: nix stimmt mehr. Das hat mich mehr Nerven gekostet, als meine Beine vor dem Spiegel wieder zu entknoten. Soll einer sagen, Thailand wäre langweilig. Gut, nach einem Vierteljahr bin ich dabei zu checken, wie hier der Hase rennt - selbst auf dem Moped. Der Mensch gewöhnt sich ja wirklich an alles! Eigentlich ein Adaptionswunder...

Passend schiebe ich anstelle eines Wintergerichts einen eher sommerlich anmutenden Teller dazwischen - um hier auch mal von einer ganz anderen Richtung zu kommen. Obwohl das Essen mit seinen Zutaten durchaus immer Saison hat. Aber es kommt ausnahmsweise ganz ohne Kohl aus - und das dürfte doch als *Sonnenbrise* bereits ausreichen, oder? Ach, und die Anna-Kartoffeln - sind die eigentlich mittlerweile ein Blog-Buster? Müßte! Sollte!


Zutaten 2P:

Nicht-Ćevapčići:
100g Sojageschnetzteltes, getrocknet
50g Weißbrot, eingeweicht, gut ausgedrückt
1 Schalotte, fein gewürfelt
1 EL Stangensellerie, fein gewürfelt
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
Kräutersalz
1 TL Paprika-Pulver
2 Msp Pimenton dela vera
1 Ei
2 EL Ajvar
2 EL Semmelbrösel

600g Kartoffeln (m: Charlotte)*
ca. 40 g Butter, zerlassen
Salz, schwarzer Pfeffer

100g weiße Bohnen
(über Nacht eingeweicht und gespült)
1 Schalotte, fein gewürfelt
2 Knoblauchzehen, fein gewürfelt
1/2 Stangensellerie, fein geürfelt
Rosmarin, fein gehackt
Salz, Pfeffer
Tomatenmark
2 EL Ofen-Tomaten

Zubereitung:

Mit den weißen Bohnen starten und zwar das Soffritto aus Knoblauch, Sellerie, Rosmarin andünsten. Wenig Tomatenmark dazugeben und etwas Röstaromen annehmen lassen. Dann aufgeweichte Cannellini-Bohnen mit etwas Wasser dazugeben und langsam einkochen. Salzen, pfeffern - zuletzt die Ofen-Tomaten unterrühen und nochmals abschmecken.

Kartoffeln schälen, in dünne (max. 2 mm) Scheiben schneiden und dachziegelartig in eine runde Gratinform schichten. Die Lage großzügig mit der zerlassenen Butter bestreichen, salzen, pfeffern und mit der nächsten Lage ebenso verfahren - bis alle Kartoffeln aufgebraucht sind. Nun die Oberfläche mit gebuttertem Backpapier abdecken und die Form für 25 Minuten in den auf 200°C vorgeheizten Backofen schieben. Das Backpapier entfernen und weitere 20 Minuten, bis sie golden gebacken sind und sich mit einem spitzen Messer leicht einstechen lassen. 

Parallel dazu die Soja-Buletten zubereiten. Soja-Geschnetzeltes nach Packungsanweisung einweichen. Schalotte mit Sellerie und Knoblacuh kurz anschwitzen in etwas Öl. Alle Zutaten für die Nicht-Cevapcici mischen und ca. 10min ziehen lassen - eventuell (falls nötig) zum besseren Formen noch etwas mehr Semmelbrösel zufügen. Nochmals gut würzig abschmecken. Mit feuchten Händen längliche Buletten à la Ćevapčići formen und im heißen Öl miteinander/nacheinander anbraten bis sie Farbe haben. Alles zusammen miteinander servieren - die Anna-Kartoffeln dafür stürzen und in Dreiecke schneiden.

*Anmerkung m: die Anna-Kartoffeln gabs auch schon in der Muffin-Form - die sind echt Bombe! Es fand sich noch ein ein Gläschen von diesem Ketchup und das wurde dazu geöffnet.

Quelle: Anna-Kartoffeln - Chili und Ciabatta/ Kochpoetin, weiße Bohnen Anonyme Köche 


8 Kommentare

  1. Ja, ja der Linksverkehr in Thailand ...
    Ich werde mich nie ganz daran gewöhnen. Aus diesem Grund miete ich dort auch nie ein Fahrzeug. Dazu kommen die speziellen Fahrkünste und das Einhalten der Verkehrsregeln der Landesbewohner (von alkoholisiertem Fahren sprechen wir mal gar nicht).
    Es reicht mir vollauf, wenn ich mit heilen Knochen zu Fuss die Strassen überqueren kann. Sprich, ich lebe noch :-)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Wir haben, Peter, unser Plätzchen gut gewählt. Weder hatte es Betrunkene noch viel Verkehr oder gar Raudies - somit hier selbst gut machbar für so Schwachmaten wei mich :-) Zudem: ein Moped war völlig unverzichtbar, um mobil zu sein und hat viel Spaß gemacht... so durch den warmen Wind!

      Löschen
  2. Was ich schon wieder alles verpasst habe bei dir... jetzt muss ich viel nachlesen - und kochen!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Warst du auch weg? Ich verpasse ja gerade alles und brauche wohl am besten Regenwetter zurück, um alles aufzuholen!

      Löschen
  3. Ich musste lachen - beim Aerobic geht's mir genauso :-) Und die Leggings-Stulpen-Kombi ist stark im Kommen, zumindest im Hundesport ;-)))

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dann sollten wir zwei mal im Aerobic-Unterricht die erste Reihe übernehmen - damit könnten wir möglicherweise eine Stunde crashen :-)

      Löschen
  4. Das klingt ausgezeichnet und wird nachgekocht. Eine Frage hätte ich noch. Von wegen der Zeitplanung: wie lange benötigen denn die Bohnen beim Einköcheln, bis sie genießbar sind? Kartoffeln so 45min gesamt. Reicht das für die Bohnen? Und Aerobic hab ich nie gemacht :-) Da fehlt mir vermutlich ein Gen für ...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, Scratchy, mit den Bohnen beginnen - die brauchen trotzdem ihre Zeit. 45min sollten passen - ein knappes Stündchen würde ich rechnen. Aerobic habe ich danach nicht mehr gemacht. Ohne diese Lehrerin fehlte mir nicht nur das Gen sondern auch die Motiviation ;-)

      Löschen

Für Kommentare gilt: die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) wurden an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.